Gemeinderat nimmt Investitionsbeschluss zurück –
Reaktion auf dramatische Finanzlage und Überangebot an Kindergartenplätzen –
Applaus aus dem Publikum
„Wir können Ihre Enttäuschung nachvollziehen, hoffen mit Blick auf die veränderten Rahmenbedingungen aber trotzdem auf Ihr Verständnis.“ Der CDU-Ratsabgeordnete Ernst-August Schulterobben hatte bei der Begründung für den vorläufigen Verzicht auf Umbau- und Erweiterungsarbeiten für den Lechtinger Franziskus-Kindergarten vor allem die rund 60 Besucher im Blick, die offensichtlich eigens deshalb zur jüngsten Ratssitzung gekommen waren.
Ihm persönlich tue es sehr leid, dass die Politik ihr erst vor rund einem halben Jahr gegebenes Versprechen für einen großzügigen Ausbau nicht einhalten könne. Die dramatisch schlechte Finanzsituation und neue Zahlen für die Entwicklung der Geburten im Gemeindegebiet „zwingen uns nun aber, den Ratsbeschluss für die Investition wieder zurückzuziehen“. Ähnlich argumentierte der SPD-Ratsherr Hauke Klein. Die Gemeinde müsse nun darauf reagieren, dass in Wallenhorst in den letzten Jahren „ein Überangebot an Kindergartenplätzen geschaffen worden ist“.
Dass der aktuelle Investitionsrückzug nicht komplett sowie auch nicht für ewig und immer gelten muss, betonte der CDW/W-Fraktionsvorsitzende Manfred Gretzmann. Er verwies darauf, dass der vom Franziskus Kindergarten als zusätzlicher Gruppenraum genutzte Container ungeachtet der Jahresmiete von rund 70.000 Euro „so lange wie nötig“ weiterhin zur Verfügung stehen soll. Zudem sehe der nun vorliegende Beschlussvorschlag vor, dass die Gemeinde gemeinsam mit Vertretern des Kindergartens prüfen soll, ob und welche Maßnahmen zeitnah mit kleinem Geld umgesetzt werden können.
Der FDP-Ratsherr Markus Steinkamp betonte, ihn und viele andere Ratsmitglieder habe die neue Entwicklung „völlig überraschend“ getroffen. Daher sollte man im Rat und der Verwaltung auch niemandem eine Schuld für die fehlerhafte Einschätzung der Kinderzahlen zuschieben. Dass genau diese Zahlen innerhalb der letzten zwölf Monate im Wesentlichen gleich mehrfach im Bürger-Echo nachzulesen waren, wurde nicht erwähnt.
„Für mich ist die Zustimmung zu diesem Beschlussvorschlag die bislang schwierigste Entscheidung als Ratsfrau“, betonte eine emotional sichtlich bewegte Klara Essemba für die Grünen. Eigentlich habe eine möglichst gute Ausstattung der Bildungseinrichtungen und eine weitgehende Erfüllung des Elternwillens für ihre Fraktion höchste Priorität. Genau das werde trotz der aktuellen Entscheidung auch in Zukunft für die Grünen gelten.
Dass der Investitionsverzicht mit dem Franziskus Kindergarten ausgerechnet eine Einrichtung mit einer vergleichsweise guten Auslastung trifft, wurde von nahezu allen Rednern bedauert. Als Begründung verwies Bürgermeister Otto Steinkamp darauf, dass es in anderen Einrichtungen zwar einen geringeren Bedarf gebe. Die dort geplanten Investitionen seien aber bereits vertraglich fest fixiert oder hätten schon begonnen.
Der Ratsantrag zur Rückstellung der Baumaßnahme für den Franziskus Kindergarten wurde nach längerer, stets sachlicher Diskussion schließlich mit den Stimmen der CDW/W-, CDU- und Grünen-Ratsmitglieder angenommen. Ein leicht abgeänderter Antrag der SPD-Fraktion für eine zeitliche Begrenzung der Container-Anmietung fand im Rat dagegen keine Mehrheit.
Die Besucher reagierten auf die Abstimmung mit spontanem Applaus. Anschließend verließen sie die Ratssitzung sehr schnell und nahezu geschlossen – trotz der Einladung des Ratsvorsitzenden Hans Stegemann, „sich auch über die anderen wichtigen und interessanten Themen der Ratssitzung zu informieren“.
Warum die Reaktion der Eltern und Mitarbeiter auf den Ratsentscheid hörbar positiv ausfiel, erklärte Monika Thünker, Leiterin des Franziskus Kindergartens und Familienzentrums am Tag danach auf Nachfrage des Bürger-Echos wie folgt: „Für uns steht erst einmal der Erhalt des Containers im Mittelpunkt, weil damit die weitere Betreuung aller Gruppen sichergestellt ist.“ Die aus finanziellen Gründen beschlossene Rückstellung der eigentlich fest zugesagten Baumaßnahme müsse sie mit Blick auf die tiefroten Zahlen im Gemeindehaushalt akzeptieren. „Wir erkennen den Ernst der finanziellen Lage an, gehen aber davon aus, dass wir ganz vorne stehen, wenn wieder Geld für neue Investitionen da ist.“ (H.)
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