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Kämmerer rechnet mit Nettoneuverschuldung von 11,5 Millionen Euro

Schuldenstand wird 2024 wohl auf 48 Millionen Euro ansteigen.

Deutlich höhere Aufwendungen und Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer belasten den Haushalt.

„Die fetten Jahre sind vorbei.“ Die Finanzzahlen der Gemeinde Wallenhorst für das laufende Jahr sind nach Angaben von Kämmerer Florian Lüttkemöller eindeutig: „Wir verzeichnen in einigen Bereichen zwar weiterhin leicht steigende Erträge. Dem stehen aber insgesamt deutlich höhere Aufwendungen entgegen, die den Haushalt belasten.“ Laut aktueller Schätzung werde das Haushaltsminus der Gemeinde 2024 mit rund 1,7 Millionen Euro um knapp 500.000,- Euro größer sein als geplant.  

Einen Riesensprung nach oben wird es bei der Verschuldung geben. Auf die rund 37 Millionen zu Beginn 2024 wird bis zum Jahresende voraussichtlich noch einmal eine zweistellige Millionensumme oben drauf kommen. Für 2024 hatte die Gemeinde Wallenhorst ohnehin schon mit einer Nettoneuverschuldung von über 6,8 Millionen Euro gerechnet. Nach der neuesten Schätzung müssen in diesem Jahr nun 11,5 Millionen Euro neue Schulden aufgenommen werden – eine Summe, die es in dieser Höhe noch nie zuvor für die 23.000 Einwohner-Gemeinde Wallenhorst gegeben hat. Der angehäufte Schuldenstand kommt den Bürgerinnen und Bürgern im übrigen teuer zu stehen. Allein für Zinszahlungen muss die Gemeinde etwa 800.000,- Euro in den Haushalt 2024 bereitstellen, was im Schnitt gut 34,- Euro pro Einwohner sind. Kämmerer Florian Lüttkemöller rechnet damit, dass Wallenhorst innerhalb der nächsten Jahre die 50 Millionen-Grenze überschreiten wird. Eine Trendumkehr bei der Verschuldung sei kaum zu erwarten – abgesehen von der insgesamt eher schwachen Konjunktur auch wegen der für die kommenden Jahre bereits von der Gemeindepolitik beschlossenen Investitionen. Zu Beginn der Ratsmehrheit von SPD und CDW/W sowie der Amtszeit von Bürgermeister Otto Steinkamp hatte der Schuldenstand in Wallenhorst noch unter 20 Millionen Euro gelegen. 

Ein wesentlicher Grund für den massiven Schuldenanstieg ist, dass die Gemeinde in den vergangenen Jahren etwa für Neubauten in Kindergärten und Schulen sowie für die Feuerwehr immer wieder hohe Millionenbeträge investiert hat, ohne dafür ausreichend Geld zu haben. Stets musste ein Großteil der Kosten mit neuen Schulden bezahlt werden. Erst vor wenigen Monaten hatte die Ratsmehrheit unter anderem elf Millionen Euro für den Bau neuer Grundschulmensen freigegeben.

Den zum Teil üppigen Ausgaben auf Pump stehen 2024 etwa bei der Gewerbesteuer deutlich geringere Einnahmen entgegen. Statt 12,4 Millionen Euro erwartet Kämmerer Florian Lüttkemöller nur rund elf Millionen Euro aus dieser für Kommunen wie Wallenhorst besonders wichtigen Einnahmequelle. Mit konstanten Größen von rund 84.000,- bzw. 2,8 Millionen Euro könne dagegen bei den Grundsteuern A und B gerechnet werden, die von landwirtschaftlichen Betrieben bzw. Hausbesitzern an die Gemeinde zu zahlen sind. 

Um den defizitären Haushalt 2024 ausgleichen zu können, wird die Gemeinde vermutlich ein weiteres Mal auf ihre in wirtschaftlich besseren Jahren aufgebaute Rücklage zurückgreifen müssen. Dieser Finanzpuffer würde dann auf unter 20 Millionen Euro zusammenschmelzen. (H.) 


Kommentar

... von Redakteur Klaus Hilkmann

Tiefrote Bilanz

11,5 Millionen Euro neue Schulden in nur einem Jahr und ein Gesamtminus über 50 Millionen Euro „Miese“ fest im Blick: Die aktuelle Finanzschätzung für die Gemeinde Wallenhorst ist das Ergebnis einer seit Jahren praktizierten, praktisch ungebremsten Ausgabenpolitik, für die in erster Linie die Ratsmehrheit aus SPD und CDW/W verantwortlich ist. Was der bevorstehende Sprung über die 50 Millionengrenze bedeutet, wird durch einen Kostenfaktor besonders deutlich. Künftig wird die Gemeinde jedes Jahr aufs Neue fast eine Million Euro allein für Zinszahlungen aufbringen müssen.  

Der Umgang von Politik und Verwaltungsspitze mit den Steuergeldern der Bürgerinnen und Bürger hatte in Wallenhorst in jüngster Zeit häufig ein ähnliches Muster: Immer wieder wurden Investitionswünsche vermeintlich (Wähler-)starker Interessengruppen erfüllt – selbst dann, wenn millionenschwere Investitionen nur mit neuen Schulden möglich waren. Zugleich wurde zumeist ohne kritische Nachfragen hingenommen, dass insbesondere neue Kindergarten- und Schulräume in Wallenhorst regelmäßig sehr viel teurer gebaut wurden als geplant. 

Dass zumindest die Wallenhorster Sozialdemokraten zu Beginn ihrer vorherrschenden Rolle im Gemeinderat ganz andere Ziele hatten, ist einer Stellungnahme ihres damaligen Fraktionsmitglieds Markus Broxtermann vom 11. Oktober 2012 zu entnehmen. Der hatte angesichts eines Schuldenstands von nahezu 20 Millionen Euro seinerzeit gemahnt,  „ob es immer der Mercedes sein muss oder nicht auch mal der Volkswagen ausreichend ist“. 

Vergleichbare Stimmen gibt es aus der Wallenhorster SPD lange nicht mehr. Aktuelle Mitglieder der Mehrheitskooperation wie der CDW/W-Fraktionschef Manfred Gretzmann sprechen dagegen von „guten Schulden“ – was immer das auch sein mag. Da verwundert es wenig, dass die Gemeinde noch vor wenigen Monaten elf Millionen Euro für neue Grundschulmensen mit jeweils bis zu 20 Räumen fürs Mittagessen freigegeben hat, die größtenteils auf Pump finanziert werden müssen.

Wie wichtig sparsames Haushalten ist, hatte der SPD-Ratsherr Markus Broxtermann Ende 2012 ebenfalls erklärt. „Schließlich reden wir bei jedem neuen Kredit von Folgekosten in Form von Zins und Tilgung, die bereits jetzt einen siebenstelligen Betrag in unserem Haushalt ausmachen.“ Noch im Januar 2014 hatte der Finanzfachmann im Namen seiner Fraktion einen Stopp der Neuverschuldung angekündigt. Was daraus rund zehn Jahre später unter führender Beteiligung der Wallenhorster SPD geworden ist, kann man der aktuellen Schätzung des Kämmerers entnehmen: Eine tiefrote Bilanz. (H.)


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