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Fremdbestimmung durch Bund und Land kostet Wallenhorst viel Geld

Aktuelle Haushaltszahlen gehen von Millionen-Mindereinnahme beim Anteil an der Einkommenssteuer aus

Fast 400.000,- € Mehrausgaben für die Kreisumlage –  

Bürgermeister enttäuscht über Landeszuschuss für Neubau der Kindergartenmensen

Dass die Gemeinde Wallenhorst im mittelfristigen Finanzhaushalt bis 2027 mit einer Neuverschuldung von 7,75 Millionen Euro rechnet, kam bei der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses nicht zur Sprache. Kämmerer Florian Lüttkemöller stellte dort vielmehr die Schätzung für die Entwicklung der Gemeindefinanzen für das aktuelle Jahr 2023 vor. Demnach sind die Zahlen bei den von der Gemeinde selbst beeinflussbaren Einnahme- und Ausgabepunkten weitgehend im Plan. 

Anders sieht es beim größten Einnahmeposten aus – dem Anteil an der  Einkommenssteuer, der den Kommunen zusteht. Hier zeichnet sich in Folge der in Deutschland schwächelnden Konjunktur eine siebenstellige Mindereinnahme ab. Statt wie vorgesehen gut 13,5 Millionen Euro wird 2023 wohl eine Million Euro weniger nach Wallenhorst fließen, berichtete der Kämmerer: „Das ist ein Einbruch, der schmerzvoll ist, den wir aber nicht beeinflussen können.“

Von einer Punktlandung geht Florian Lüttkemöller dagegen bei anderen wichtigen Einnahmequellen der Gemeinde wie den Grundsteuern A und B (zusammen 2,9 Millionen Euro) sowie der Gewerbesteuer (elf Millionen Euro) aus. Eine negative Entwicklung auf der Ausgabenseite sei dagegen bei der Kreisumlage zu erwarten. Hierfür werde Wallenhorst mit insgesamt gut 14,6 Millionen Euro wohl knapp 400.000,- Euro mehr als erwartet an den Landkreis Osnabrück überweisen müssen.

Der Ergebnishaushalt der Gemeinde könnte 2023 dessen ungeachtet auf den ersten Blick etwas positiver ausfallen wie geplant. Statt von einem Minus über 2,2 Millionen Euro geht der Gemeindekämmerer nun davon aus, dass gut 1,3 Millionen Euro fehlen werden, um den Haushalt ausgleichen zu können. Ein wesentlicher Grund ist, dass die Gemeinde 2023 etwa wegen verspätet begonnener Baumaßnahmen weniger Geld wie geplant ausgeben wird. Da die dafür vorgesehenen Investitionen aber nur verschoben und nicht aufgehoben sind, werden sich diese dann in den Folgejahren im Haushalt der Gemeinde bemerkbar machen. 

Einen Großteil der Bauvorhaben will die Gemeinde erneut mit neuen Schulden finanzieren, so dass auf die aktuelle Rekordverschuldung von weit über 40 Millionen Euro laut der mittelfristigen Finanzplanung noch einmal 7,75 Millionen Euro oben drauf kommen sollen. Falls sich die neuen Millionenbauten ähnlich stark verteuern wie in den letzten Jahren in Wallenhorst üblich, wird es selbst dabei kaum bleiben. 

Tief blicken lässt hier eine Prognose von Bürgermeister Otto Steinkamp aus dem jüngsten Finanzausschuss bezüglich der Baukosten für die Grundschulmensen. Ihn würde es demnach nicht überraschen, wenn die Maßnahme statt gut elf Millionen letztlich 13 oder 14 Millionen Euro kosten würde – was weitere zwei bis drei Millionen Euro wären, die die Gemeinde Wallenhorst nicht hat, aber ausgeben möchte.   

Der Grünen-Fraktionschef Rüdiger Schulz nahm die Vorstellung der neuesten Finanzprognose zum Anlass, alle beteiligten Entscheidungsträger zur verstärkten Kostendisziplin zu mahnen. Die von der Gemeinde wohl schon bald erreichte Verschuldung von 50 Millionen Euro sei fast drei Mal so hoch wie vor zehn oder 15 Jahren. Eine Ursache für den hohen Anstieg sei, dass größere Baumaßnahmen der Gemeinde in jüngster Zeit immer wieder sehr viel teurer geworden sind wie geplant. Als Gegenmaßnahme sprach sich Schulz für ein externes Kostencontrolling aus, das die Gemeinde frühzeitig davor warnt, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen.

Bürgermeister Otto Steinkamp reagierte mit Skepsis. „Ich sehe nicht, was das bringen soll“. Einerseits würden auch die Fachleute eine Menge Geld kosten. Andererseits seien die in den letzten Jahren entstandenen Mehrkosten vor allem wegen externer Gründe entstanden. Dass die Preise für Baumaterialien und Handwerker geradezu explodiert sind, hätten auch viele private Investoren in den letzten Jahren leidvoll erfahren. Dazu komme, dass die Kommunen – und somit auch die Gemeinde Wallenhorst – immer wieder Vorgaben des Bundes und des Landes umsetzen müssen, die ihnen teuer zu stehen kommen.

Als aktuelles Beispiel verwies der Bürgermeister auf die Millionen-Ausgaben für die Grundschulmensen. Hier sei mit dem Elternanspruch auf Ganztagsschulen für Sechs- bis Zehnjährige wieder einmal von oben etwas beschlossen worden, was die Kommunen umsetzen und – anders als erhofft – vermutlich auch größtenteils allein bezahlen müssen. 

Das zeige, dass zumindest ein Teil des Wallenhorster Schuldenanstiegs fremdbestimmt ist, erklärte Otto Steinkamp. Statt allein die Gemeindeverwaltung zu kritisieren, sollte der Grünen-Fraktionschef doch einmal bei seinen Parteifreunden in den Bundes- und Landesministerien dafür werben, den Kommunen nicht dauernd neue Lasten aufzubürden. Genau das sagte Rüdiger Schulz dem Bürgermeister spontan sofort zu: „In diesem Punkt sind wir uns einig. Ich werde noch heute Abend einen entsprechenden Brief schreiben.“ (H.)

Kommentar

von Redakteur Klaus Hilkmann

Gut elf Millionen Euro für Mensen ohne Küche

„Mir ist keine einzige Kommune bekannt, die ein in der Grundschule selbst gekochtes Mittagessen für ihre Schüler bereitstellt.“ Der zuständige Fachbereichsleiter Rüdiger Mittmann stellte im jüngsten Finanzausschuss auf Nachfrage des Grünen-Fraktionschefs Rüdiger Schulz klar, dass die Erst- bis Viertklässler in den fünf Wallenhorster Grundschulen mit angelieferten Speisen versorgt werden sollen.

Die bewährte Praxis solle auch in den neuen Mensa-Räumlichkeiten beibehalten werden, die bis 2027 für insgesamt mindestens elf Millionen Euro neu in Wallenhorst gebaut werden sollen. In dieser Summe sind übrigens weder Küchen noch fürs Kochen benötigte Materialien enthalten.

Die Chance, mittags ein selbst gekochtes Mittagessen anbieten zu können, sei auch deshalb gering, weil dafür weiteres Personal eingestellt und bezahlt werden müsste, betonte Rüdiger Mittmann: „Dafür gibt es derzeit keine Ressourcen.“ (H.) 


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