Müllverbrennung von Restabfällen in modernen Anlagen ist wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll – „Relevanter Ersatz für fossile Energieträger“
Prof. Dr. Gilian Gerke ist Leiterin des Studiengangs Entsorgung und Recyclingmanagement im Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit der Hochschule Magdeburg-Stendal. In dem folgenden Interview mit dem Bürger-Echo erklärt sie unter anderem, welche Verfahren zur Restmüllverwertung aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll und zeitgemäß sind.
Frage: Welche gesetzlichen Regelungen gelten für den Umgang mit Abfall?
Prof. Gerke: In Deutschland gilt das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das eine fünfstufige Hierarchie für einen möglichst umweltfreundlichen Umgang mit Abfall vorsieht. Die Abfallvermeidung steht auf der ersten Stufe, gefolgt von der Wiederverwendung und dem Recycling sowie anderen Verwertungsformen wie zum Beispiel der energetischen Verwertung. Am Ende der vom europäischen und deutschen Gesetz vorgegebenen Hierarchie steht die Beseitigung von Restmüll etwa in einer Müllverbrennungsanlage. Konkret bedeutet das Ganze im Alltag, dass unterschiedliche Wertstoffe wie Papier, Plastik, Glas und Biomüll getrennt gesammelt werden müssen. Das ist auch gut so. Insgesamt gilt grundsätzlich, dass eine Wiederverwertung – etwa, wenn Altpapier wieder zu Papier oder eine PET-Flasche wieder zu einer PET-Flasche verarbeitet wird – ökologischer ist als andere nachgestellte Verwertungen.
Frage: Wie sieht es mit Restmüll aus?
Prof. Gerke: Dieser sollte weitgehend frei von Wertstoffen wie Papier, Glas oder Plastik sein, da es dafür andere Tonnen bzw. Container gibt. Dessen ungeachtet muss auch der Restmüll behandelt werden. Laut Gesetzgeber kann das auf unterschiedlichen Wegen passieren. Möglich ist zum Einen eine mechanisch-biologische Aufbereitung, bei der der Abfall von groben Störstoffen befreit, biologisch behandelt und in zwei grobe Ströme aufgeteilt wird: Ein Teil – falls vorhanden – kann deponiert, der andere als Ersatzbrennstoff zum Beispiel in Zementwerken eingesetzt werden. Die heute zumeist favorisierte Alternative ist die thermische Behandlung in einer Müllverbrennungsanlage. Diese sind inzwischen meistens auf einen technisch derart hohen Stand, dass Energie für die Wärme- und Stromgewinnung ausgekoppelt und ins Netz eingespeist werden kann. Entsprechende Anlagen, zu denen nach meinen Erkenntnissen auch die aus dem Landkreis Osnabrück belieferten in Laar, Hengelo und Hameln gehören, werden daher inzwischen als Müllheizkraftwerke bezeichnet.
Frage: Ist die Lieferung des Restmülls in Müllheizkraftwerke wirtschaftlich lukrativ?
Prof. Gerke: Ja. Dazu kommt, dass sich der Einsatz von Müllverbrennungsanlagen auch aus technischen Gründen durchgesetzt hat. Bei modernen Anlagen ist die Technik so weit fortgeschritten, dass sie allesamt einen Verwertungsstatus haben. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die Energieerzeugung dieser Anlagen fossile Brennstoffe in relevanten Mengen eingespart werden können.
Frage: Wie bewerten Sie die Sorgen aus der Bevölkerung, dass auch bei einem Restmüllumschlag in einer geschlossenen Halle belastende Emissionen freigesetzt werden können?
Prof. Gerke: Für Müllverwertungs-, aber auch für Umschlaganlagen gelten erst einmal detaillierte Auflagen, zu denen unter anderem genau festlegte Abstandregelungen zählen. Jede Anlage, in die Abfall hinein- oder hinausgeht, muss von den zuständigen Behörden genehmigt werden. Als größte Komplikation beim Abfallumschlag in einer fast immer geschlossen gehaltenen Halle kann ich mir Geruchsbelästigungen vorstellen. Direkt benachbarte Betriebe können zudem vermehrt durch Fliegen und möglicherweise auch Ungeziefer belastet werden. Der Betreiber der Abfallumschlaganlage ist aber angehalten, genau dies zu vermeiden und zudem verpflichtet, im Bedarfsfall umgehend für wirksame Gegenmaßnahmen zu sorgen. Alles in allem kann ich mir nicht vorstellen, dass Menschen krank werden, die in der Nähe einer solchen Anlage arbeiten und wohnen.
Frage: Für welche Art der Restmüllverwertung würden Sie aus wissenschaftlicher Sicht tendieren?
Prof. Gerke: Am wichtigsten ist, dass so wenig Abfall wie möglich anfällt. Dazu können wir mit unserem Alltagsverhalten alle beitragen. Für den nach einer konsequenten Abfalltrennung inklusive einer Zuführung zum Recycling verbleibenden Restmüll ist die Verbringung in eine moderne Müllverbrennungsanlage mit einer energetischen Verwertung sowie einer optimalen Rauchgasreinigung tatsächlich der sinnvollste Weg – sowie für die Umwelt wie auch aus wirtschaftlicher Sicht. (H.)
Kommentar schreiben