FDP-Klage sorgt für Auseinandersetzung:
Verwaltung plant 10.000,- € für Rechtsgutachten ein
Den Schuldenstand innerhalb weniger Jahre verdoppelt, Millionen-Mehrausgaben etwa für den jüngst fertiggestellten Kinderkrippenneubau St. Anna in Wallenhorst und auch im neuen Haushaltsjahr 2022 musste wieder einmal mit vielen tausend Euro nachgebessert werden, weil verschiedene Projekte deutlich teurer werden wie geplant: All das war für den Bürgermeister und die SPD-Fraktion in der aktuellen Sitzung des Finanzausschusses kein Grund für ein kritisches Hinterfragen der aktuellen Finanzpolitik.
Ganz anders war das mit den 10.000,- Euro, die von der Gemeinde in Sachen „FDP-Klage“ in den Haushalt eingestellt werden. Mit dem Geld soll ein Rechtsgutachten bezahlt werden, mit dem die Gemeinde Wallenhorst auf eine Klage der Wallenhorster FDP-Fraktion gegen die Zusammensetzung der Fachausschüsse im Gemeinderat reagieren will.
Die Freien Demokraten wollen mit der Klage erreichen, dass die von der SPD-geführten Landesregierung kurz vor der jüngsten Kommunalwahl durchgesetzte Neuregelung zur Stimmengewichtung wieder rückgängig gemacht wird. Nach Ansicht der FDP und anderer Parteien werden durch diese Neuregelung die kleineren Fraktionen bei der Sitzverteilung benachteiligt, während die größeren Fraktionen mehr Sitze in den Ratsgremien bekommen als ihnen nach ihrem Stimmenanteil eigentlich zustehen.
Mit der Klage gegen den Gemeinderat will die Wallenhorster FDP-Fraktion eine unabhängige Klärung der Streitfrage vor Gericht in Gang bringen. In Wallenhorst hat die Neuregelung zum Beispiel die Konsequenz, dass der SPD im wichtigen Verwaltungsausschuss (VA) mehr Sitze zustehen als bei dem zuvor gültigen Zählverfahren. Die FDP-Fraktion geht mit ihren drei Ratssitzen dagegen leer im VA aus.
Bürgermeister Otto Steinkamp zeigte bei seiner ansonsten kurz und knapp gehaltenen Stellungnahme zum Haushalt 2022 im Finanzausschuss wenig Verständnis, dass der „Mandats-Streit“ nicht auf Landesebene, sondern ausgerechnet in der Gemeinde Wallenhorst ausgetragen werden soll. Er hätte sich hier „einen anderen Weg gewünscht“. Als Bürgermeister sei er nun aber in der Pflicht, „den Gemeinderat zu schützen“. Wie jeder andere Beklagte müsse sich auch die Gemeinde bei einem Gerichtsverfahren anwaltlich vertreten lassen. Ob es bei den 10.000,- Euro für den Fachanwalt bleiben wird, könne derzeit niemand sagen.
Auch inhaltlich gab es Kritik vom Bürgermeister. Dass die Landesregierung das Zählverfahren ändert, habe es in der über 75 Jahre langen Geschichte des Landes Niedersachsen „mehrfach gegeben“ und sei ein normaler demokratisch legitimierter Vorgang, der nicht zu beanstanden ist. Ähnlich äußerte sich der SPD-Ratsherr Hans Stegemann. Die Zusatzausgabe bezeichnete er als „nicht zielführend“. Die Auseinandersetzung mit der Klage koste nicht nur den Steuerzahlern viel Geld. Sie belaste auch die Gemeindeverwaltung, weil dort Arbeitszeit gebunden werde, die man anderweitig besser nutzen könnte.
Der FDP-Ratsherr Markus Steinkamp wollte das nicht auf seine Fraktion sitzen lassen. „Hier geht es um den Schutz von Minderheiten. Leider lässt sich die Sache nicht anders klären.“ Einerseits werde bei dem Streit um die richtige Sitzverteilung eine grundsätzliche Frage der Demokratie behandelt. Zudem könnte ein juristischer Erfolg der Klage auch dem Steuerzahler zu Gute kommen, da die von der Landesregierung durchgesetzte Neuregelung unter dem Strich teurer sei als die von der FDP geforderte Rückkehr zu dem zuvor gültigen Sitzverteilungsverfahren.
Sicher ist, dass die Diskussion über die FDP-Klage fast die Hälfte der Zeit der gesamten Ausschusssitzung beanspruchte. Der Anteil der 10.000 Euro-Ausgabe allein an der für 2022 ohne längere Nachfragen bewilligten 3,5 Millionen Euro-Neuverschuldung beträgt übrigens etwa 0,3 Prozent. (H.)
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