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Wohnraum knapp und teuer

Mehr als 200 neue Wohneinheiten bis zum Jahr 2021 und doch kaum Aussicht auf sinkende Miet- und Kaufpreise für Immobilien im Gemeindegebiet: Bei der von mehr als 70 Gästen besuchten Info-Veranstaltung des Bürgervereins Wallenhorst zum Thema „bezahlbarer Wohnraum“ wurde klar, dass sich auch für die nächsten Jahre keine Entspannung auf dem Immobilienmarkt abzeichnet. Der große Andrang im Saal des Dulingschen Hofs zeigte, dass die Suche nach geeignetem Wohnraum derzeit offenbar viele Menschen aus allen Altersklassen bewegt.
Der Geschäftsführer des Bürgervereins, Karl-Heinz Bergmann, konnte mit Bürgermeister Otto Steinkamp, WGW-Geschäftsführerin Susanne Bruns sowie den Sparkassen-Maklern Miguel Pereira und Uwe Thiesing mehrere mit der regionalen Situation bestens vertraute Fachleute auf dem Podium begrüßen. Bürgermeister Otto Steinkamp verwies zu Beginn der Diskussion darauf, dass die Gemeinde in den letzten Jahren bereits viel getan habe, um dem hohen Bedarf an Wohnraum gerecht werden zu können. 
Ob genügend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung steht, hänge in erster Linie von den jeweiligen Ansprüchen und vom Einkommen ab. Die Preisspanne im Mietwohnungsmarkt bewege sich in Wallenhorst zwischen sechs und zwölf Euro pro Quadratmeter, so der Bürgermeister. Die Entwicklung der Grundstückspreise zeige auch in Wallenhorst steil nach oben. Noch vor sechs bis acht Jahren seien im Wallenhorster Gemeindegebiet zwischen 100,- bis 120,- Euro pro Quadratmeter aufgerufen worden. Hier werde man in Zukunft mindestens 50,- Euro pro Quadratmeter drauflegen müssen, erklärte Otto Steinkamp. Hauptgrund sei nicht nur die hohe Nachfrage. Auch die permanent steigenden Kosten für Baustoffe und die strengen Umweltauflagen würden das Bauen immer teurer machen.
Die Gemeinde könne den hohen Miet- und Grundstückspreisen am besten durch die Bereitstellung von Neubaugebieten entgegenwirken. Aktuell würden am Hollager Witthügel neue Eigenheime und Mehrfamilienhäuser entstehen. Spätestens 2021 sollen weitere Neubaugebiete entstehen. Am Stadtweg in Rulle rechnet Bürgermeister Steinkamp mit 180 bis 200 neuen Wohneinheiten. Auf einer Fläche unterhalb des Wasserwerks in Lechtingen soll demnach Platz für 30 bis 35 Wohnungen sein. Dazu könnte die rund 1.900 Quadratmeter große Fläche neben der Wallenhorster Katharinaschule kommen, die den Grundschul- und Kindergartenkindern bis vor kurzem als Schulhof und Spielplatz zur Verfügung gestanden hatte.
„Bei den Mietwohnungen war die Lage in Wallenhorst noch vor drei bis vier Jahren völlig verrückt“, berichtete Susanne Bruns von der Wohnbaugesellschaft Wallenhorst: „Bei uns sind Menschen in Tränen ausgebrochen, weil sie nach monatelanger Suche keine Wohnung gefunden haben“. Seinerzeit habe der Trend begonnen, dass Studenten von Osnabrück zur WG-Gründung nach Wallenhorst ausgewichen sind. Inzwischen habe sich die Situation wieder entspannt. Gleichwohl sei es gerade im Niedrigpreisniveau nach wie vor sehr schwierig, eine passende Wohnung in der Gemeinde Wallenhorst mieten zu können.
Ein krasses Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage herrscht nach wie vor bei den Kaufimmobilien, erklärte der Sparkassenmakler Miguel Pereira. „Heute sind viele Interessenten bereit, ein Haus oder eine Eigentumswohnung deutlich über Wert zu kaufen, um überhaupt fündig zu werden.“ Dank gestiegener Einkommen und der seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase können sich immer mehr Menschen eigenen Wohnraum leisten. Falls die Zinsen wider Erwarten ansteigen sollten oder eine Wirtschaftskrise für Unsicherheit im Job sorgt, könnte ein Teil der Häuslebauer aber große Probleme mit der Finanzierung bekommen.
Schützen könne man sich hier vor allem mit einer möglichst langfristigen Festzins-Vereinbarung, berichtete Sparkassenfachmann Uwe Thiesing.  Abgesehen davon sollte das Bauvorhaben realistisch an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angepasst und mindestens 20 Prozent Eigenkapital vorhanden sein. Die Häuslebauer sollten sich vorab fragen, ob wirklich jeder Wunsch erfüllt werden soll oder ob man nicht auch mit einer Nummer kleiner zufrieden sein kann.
Eine neue Entwicklung ist, dass sich auch in Wallenhorst viele ältere Menschen den Umzug in eine kleinere Wohnung wünschen. Das Leben in einem oft mit einem großen Garten ausgestatteten Ein- oder Zweifamilienhaus empfinden viele im Alter als eine Last. Die für diese Menschen benötigten Eigentumswohnungen – am besten barrierefrei und in der Nähe des gewohnten sozialen Umfelds – seien aber in vielen Fällen einfach nicht zu finden. Helfen könnten hier auch neue Ideen. Über einen möglichen Ansatz berichtete eine Besucherin, die seit einigen Jahren in einer Wohngemeinschaft mit jungen und älteren Menschen lebt: „Das funktioniert bei uns sehr gut, weil jeder für den anderen da ist.“
Für eine grundsätzliche Lösung des Wohnraumproblems müsse allerdings die Politik sorgen, waren sich die auf dem Podium versammelten Fachleute am Ende der Veranstaltung einig. Neben einer Vereinfachung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren forderte etwa Miguel Pereira insbesondere eine Abkehr von der staatlichen Regelungswut. Als Negativbeispiel nannte er „die Vielzahl von Umweltauflagen, die das Bauen unnötig teuer machen.“
Deutschland nehme hier weltweit eine unrühmliche Spitzenstellung ein. In Nachbarländern wie den Niederlanden könne man dagegen jeden Tag sehen, wie der Staat für bezahlbaren Wohnraum sorgen kann, erklärte ein Besucher, der häufig im nahen Enschede zu Gast ist: „In Holland richten sich die Bauauflagen in erster Linie nach der Brieftasche der Normalverdiener und nicht nach dem Diktat von Aktivisten, die von Deutschland aus die Umwelt retten möchten.“ (H.)